Paartherapie

Allgemein

Die Begriffe Systemische Paar- und Familientherapie sind heute mehr denn je Sammelbegriffe für eine grosse Anzahl recht unterschiedlicher Vorgehensweisen auf der Basis einiger gemeinsamer Konzepte.

Die grösste Gemeinsamkeit besteht darin, dass sich die Hauptperspektive therapeutischen Handelns auf den Inhalt und, mehr noch, auf die Struktur der Interaktionsprozesse (Verhalten und Sprache) richtet.

Heute ist man bereit, mit jenen zu arbeiten, die kommen können und wollen, weil sie bereit sind, etwas zur Lösung der beklagten Situation beizutragen. Diese Veränderung zur früheren Vorgehensweise (in der alle beteiligten Personen/Familienmitglieder anwesend sein mussten) ist auch auf eine theoretisch neue Sicht zurückzuführen, denn: Die «Familie» findet wesentlich in den Köpfen der Beteiligten statt. Es wäre zwar wünschenswert, möglichst viele «Köpfe» zu versammeln, aber Vollständigkeit wird nicht mehr als notwendig erachtet.

So wird der Begriff «Familientherapie» zunehmend mit dem Begriff «systemische Therapie» ersetzt und Therapie mit Familien als ein Anwendungsbereich allgemeiner Prinzipien verstanden, die genauso auf Paare, Einzelpersonen, Teams, Arbeitsgruppen etc. angewandt werden können.

In diesem Sinne gelten an dieser Stelle dieselben Überlegungen wie ich sie unter dem Titel «Systemische Therapie» formuliert habe.

In der systemtherapeutischen Grundstruktur liegt der Fokus auf der Interaktion, zwischen den PartnerInnen beziehungsweise den Familienmitgliedern. Jede/jeder muss einen «guten Platz» erhalten, dazu führt unter anderem auch die Verantwortung des/der TherapeutIn für die Veränderungsneutralität, die Allparteilichkeit und Zirkularität, alles Begriffe, die nachstehend erklärt werden.

Zur Auftragsklärung

Es ist wichtig, dass sich jedes teilnehmende Mitglied einer Familie oder Partnerschaft persönlich angesprochen fühlt von dem, was in der Therapie erreicht werden soll. Dann wird genügend Zeit eingesetzt, um das persönliche Anliegen, die persönlichen Ressourcen, die Veränderungsbereitschaft und auch die möglichen (unerwünschten) Folgen einer Veränderung herauszuarbeiten. So wird der Auftrag/werden die Aufträge, um die es in der Therapie gehen soll, für alle transparent gemacht. Es gilt: Ohne Auftrag keine Therapie, sonst landen wir «im Irgendwo».

Mittel/Methoden

In der Paartherapie steht das Gespräch im Vordergrund, oft aber kann eine Erweiterung durch zusätzliche therapeutische Mittel und Methoden aus dem kreativen, darstellenden, spielenden Bereich notwendig und hilfreich sein.

Ein paar Begriffe, Grundsätze und mögliche erweiternde Methoden

Weitere therapeutische Möglichkeiten

Arbeit mit Genogramm, Familienskulptur, Metapher und Symbole, Film und Fotographie sowie die bereits erwähnten gestalterischen Mittel beziehungsweise Methoden sind, neben dem systemisch lösungs- und ressourcenorientierten Gespräch, weitere Arbeitsmöglichkeiten, die ich, allerdings immer erst nach vorgängiger Absprache mit den KlientInnen, einsetzen kann.

Persönliche Gedanken

Ich arbeite gerne mit Paaren. Die Ansätze der beiden Heidelberger Institute «igst» (Internationale Gesellschaft für systemische Therapie und Forschung) und «hsi» (Helm Stierlin Institut), Heidelberg, sind für mich in meiner therapeutischen Arbeit zu einer grossen Bereicherung geworden.

Die Menschenfreundlichkeit, die grundsätzlich wohlwollende Haltung, der Humor und der «spielerische» Umgang mit Sprache, Metaphern, Handlungen sowie die ihnen zugeschriebene Bedeutung etc. sind für Paare immer wieder eine grosse Erleichterung. Oft kommen sie mit der Angst, es werde über sie «zu Gericht» gesessen, manchmal auch mit der Hoffnung, ich könnte ihnen die «Patentlösung» aufzeigen. In beiden Fällen muss ich die Menschen, die zu mir finden, «enttäuschen». Mein Fokus ist darauf gerichtet, genau hinzuhören, das zugrunde liegende Verständnis der Situation und deren Auswirkungen auf die Interaktionen der teilnehmenden Menschen herauszufiltern sowie sie gleichwertig zur Betrachtung vorzuschlagen.

Wenn es gelingt, die PartnerInnen zu einer Veränderung der Perspektiven anzuregen, sie wieder neugierig aufeinander zu machen, wenn sie sich den Aufträgen widmen, die wir zum Schluss der Sitzungen (oft) beschliessen, und wenn sie ihre Selbstwahrnehmung sowie Abgrenzungsfähigkeit, ihre Zuneigung oder ihre Klarheit bezüglich der eigenen Gefühle, ihren Respekt für sich selber wie für den/die anderen Menschen wieder finden oder aber sich in (grösstmöglicher) Freundlichkeit voneinander trennen können, dann ist das Ziel der Therapie erreicht, und dies ist, auch für mich, immer wieder ein besonderes Erlebnis!

Häufigkeit und Dauer

Es gibt Paare, die sich, aus einer anfänglichen Beziehungskrise heraus, in regelmässigen (langfristigen) Abständen immer wieder zu einer Sitzung anmelden. Sie finden zum Bewusstsein, dass sich eine «Chropfleerete» hie und da erfrischend auf die Beziehung auswirkt, meist aber sehe ich die Paare in selbst gewählten Abständen, die zeitlich und finanziell vertretbar sind.

In der Einzeltherapie

Die paar- und familientherapeutischen Vorgehensweisen wende ich auch in den Einzeltherapien an, in denen sich der/die eine der PartnerInnen oder nur eines der Familienmitglieder zu einer Therapie entschliessen kann, das beklagte Thema aber die Partnerschaft/die Familie ist.

Dies ist im Erstgespräch ein wichtiges Thema und zentral bei Auftragsklärung sowie Zieldefinition.

Fazit

Die Erfahrung, dass ein gemeinsames Weitergehen ebenso anspruchsvoll ist wie die bewusst vollzogene Trennung, die Überzeugung, dass Veränderung immer möglich ist, dass auch eine Nicht-Veränderung ein möglicher Weg ist, dass eine Krise als Chance verstanden werden kann und dass im «Problem» die «Lösung» enthalten ist, dass das «problematische Verhalten» in einem grösseren Zusammenhang durchaus Sinn machen kann und Hinweis auf die Lösung ist – all dies sind Aspekte der lösungs- und ressourcenorientierten systemischen Therapie beziehungsweise Beratung. Diese Methode ist zu meiner persönlichen Lebenseinstellung geworden, die mir «nicht immer, aber immer öfter» gelingt und das Leben humorvoller, leichter, veränderbarer, klarer und spannender gestalten lässt.